Verborgene Rätsel unter bröckelnden Putz
Ist das „Haus zum Maulbeerbaum“ noch zu retten? Im Jahr 2003 ließ die Stadt Landau das Gebäude untersuchen. Eine interdisziplinäre Gruppe aus Bauforschern, Restauratoren, Architekten und Statikern erstellte ein verformungsgerechtes Aufmaß und verschiedene Gutachten zu dem Gebäude. Neben beträchtlichen Schäden am Außenmauerwerk, den Balkenköpfen der Decken und dem Dach, gab es auch positive Überraschungen: Im Rahmen der Untersuchung entdeckte ein Restaurator im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss Reste einer historischer Wandbemalung.
Auf Initiative des „Freunde des Hauses zum Maulbeerbaum Landau e.V.“ konnten 2014 weiterführende Freilegungen durch Restauratoren durchgeführt werden. Entdeckt wurden eine zwischen zwei Fenstern liegende Wandinschrift mit einem Bibelzitat (Psalm 109, Vers 3) in gotischen Lettern, kunstvolle Ausmalungen der Sockel mit einer wunderschönen Rosenmalerei sowie eine reiche, ornamentale Bemalung einer Fensterumrandung im ehemaligen Saal des 1. Obergeschosses.
Diese Malereien waren zunächst in die Zeit vor 1689 datiert worden, was den Schluss zuließ, dass das Haus den großen Stadtbrand überstanden hätte. Eine sehr detaillierte Bauforschung einer Restauratorin hat jedoch ergeben, dass die Wandmalereien nicht vor1720 entstanden sein können. Damit ist erwiesen, dass der größte Teil des heutigen Gebäudes ein Wiederaufbau nach dem großen Stadtbrand ist.
Die Schriften und Wandmalereien geben jedoch weiterhin Rätsel auf. Es ist sehr ungewöhnlich, dass es in einem bürgerlichen Haus, einem Gasthof mit Herberge, einen solch aufwendig gestalteten Raum mit Zitaten aus der Luther-Bibel gab. Vielleicht lässt sich dieses Rätsel niemals lösen und bleibt ein Geheimnis, das das Haus in sich tragen wird.
Zu den bauhistorischen Schätzen des Hauses zählt darüber hinaus der Treppenturm mit Steinwendeltreppe in Renaissanceform. Spannend sind auch die 17 Terrakotta-Kopfmedaillons aus dem Jahr 1880 an dem dem Haus vorgelagerten Gebäude Westbahnstraße 28. Sie erinnern an die einst noblen Gäste des „Hauses zum Maulbeerbaum“, Ritter und Adlige, darunter auch ein Porträt des Reichsritters Franz von Sickingen.